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Verkehrskonzept von „Pro Wald“ konnte nicht überzeugen
Argumente fanden keinen Widerhall bei Fachleuten

Unter dem Titel „Die Rolle der Stadt als Lebensraum für alle“ hatte das Aktionsbündnis „Pro Wald“ am 21. März in den städtischen Festsaal der Bergstadt eingeladen. Mit einem Impulsreferat zu Beginn der Veranstaltung versuchte Tobias Schönfeld vom Planungsbüro Ditmar Hunger aus Dresden die etwa 100 Gäste, unter denen auch zahlreich die Befürworter der Ortsumgehung Freiberg vertreten waren, davon zu überzeugen, dass einfache Verkehrslösungen den Bau der geplanten Umgehungsstraße für Freiberg überflüssig machen.

Anschließend versuchte Rechtsanwalt Wolfram Günther aus Leipzig an Hand der demographischen Entwicklung nachzuweisen, dass bei rückläufigen Bevölkerungszahlen immer weniger Verkehr auf den Straßen unterwegs wäre. Beide Vorträge überzeugten Baubürgermeister Holger Reuter jedoch nicht davon, dass so auf den Bau der Ortsumgehung Freiberg verzichtet werden kann. „Die uns vorgestellte Verkehrsplanung ist nicht auf Basis aktueller Daten erarbeitet worden und damit für Freiberg in dieser Form nicht umsetzbar. Wer Straßenquerschnitte reduzieren will und zuvor nicht die Verkehrsbelastung auf den Straßen reduziert, erzeugt Chaos“, hielt er dagegen.

Ähnlich sah es Dr. Mario Klippstein, Verkehrsplaner der aqua saxonia GmbH: „Der Vortrag ist der belegende Beweis, der gegen die Argumentationskette von ‚Pro Wald’ spricht. Voraussetzung für die Umsetzung der vorgestellten Verkehrsplanung ist der Neubau der Ortsumgehung Freiberg. Denn nur mit einer Umgehung kann die Verkehrsbelastung auf Freibergs Straßen reduziert werden.“ Dies bestätigt auch die Antwort auf eine Anfrage vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an die Bundesregierung (Drucksache 17/4365). Demnach wird für Freibergs Bundesstraßen eine Verkehrsentlastung von 41.790Kfz/24h prognostiziert. Bürgermeister Reuter präsentierte die neuesten Zählergebnisse: „Wir haben eine Woche auf der B101 in Höhe Max-Roscher-Straße ein automatisches Zählgerät eingesetzt und dabei für die Wochentage Ergebnisse erhalten, die deutlich über 20.000 Kfz/24h lagen.“

Der viel diskutierte Rückgang des Schwerlastverkehrs auf Freibergs Straßen konnte ebenfalls nicht überzeugend belegt werden. Eine Studie der SAXONIA Standortentwicklungs- und -verwaltungsgesellschaft mbH aus Freiberg geht von einem Zuwachs des Transportaufkommens von 19 Prozent in den kommenden Jahren aus. Für die Erarbeitung der Studie wurden die Daten von einundzwanzig Befragten (maßgebende Freiberger Unternehmen) ausgewertet.

Marco Weißbach, Befürworter der Ortsumgehung aus dem Publikum, kann diese Studie gut nachvollziehen: „Die Wirtschaft braucht die Ortsumgehung. Auf welchem Weg soll der Warenaustausch denn sonst funktionieren?“, fragte er und merkte weiter an: „Wir verlieren unsere Innovationsfähigkeit und damit die Möglichkeit, unsere Lebensqualität auch für die Zukunft zu bewahren, wenn wir weiterhin kleinmütig nur unsere ganz persönlichen Belange in den Vordergrund stellen.“

Gegen Ende der Veranstaltung kam es schließlich noch zu einem Eklat. Tobias Mehnert, erklärter Gegner der Ortsumgehung und Umweltaktivist, zog Vergleiche zwischen den Aktivitäten der Trassenbefürworter vom Aktionsbündnis „Pro Ortsumgehung“ mit denen des Regimes von Erich Honecker. Daraufhin verließ Baubürgermeister Reuter das Podium mit folgender Erklärung: „Ich habe mich 1989 aktiv für Freiheit und Demokratie eingesetzt, in einer Zeit als es nicht ungefährlich war, dies zu tun. Diesem Einsatz vieler mutiger Menschen ist es zu verdanken, dass wir heute hier ohne Sorge frei diskutieren können. Den Befürwortern der Ortsumgehung eine Nähe zum DDR-Unrechtsregime zu unterstellen, ist nicht hinnehmbar.“

Es bleibt also weiterhin spannend und die weiteren Entwicklungen pro und contra Ortsumgehung Freiberg abzuwarten.

(von Constanze Lenk)